Mit Mut und Kreativität durch die Krise

Wie deutsche Buchhandlungen der Corona-Pandemie trotzen

„Reges Treiben zwischen den Bücherregalen, unbegrenztes Stöbern in zahlreichen Büchern, eine gemütliche und heimelige Atmosphäre bei einer entspannten ersten Leserunde direkt vor Ort“ – Hätte man mich vor anderthalb Jahren gefragt, wie ich meinen üblichen Besuch in der Buchhandlung beschreiben würde, hätte ich vermutlich so geantwortet. Würde man mir heute dieselbe Frage stellen, kämen mir spontan „kontaktloses Bezahlen, Maskenpflicht und Mindestabstand“ in den Sinn.

Seit nunmehr 14 Monaten begleitet uns die Pandemie aktiv im Alltag. Kontaktbeschränkungen und Mindestabstand sind längst ein Teil unseres Wortschatzes. Auch der deutsche Buchhandel hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Zwangsschließungen im Zuge des Lockdowns sorgten für Verluste und Existenznot. Vor allem kleine Buchhandlungen haben jedoch mit bemerkenswertem Erfindergeist gegen die Krise gekämpft, indem sie kreative Konzepte für ihr Geschäft entwarfen.

Zahlreiche Online-Angebote

Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die Corona-Krise in vielen Ländern den Anstoß für einen beschleunigten Digitalisierungsprozess gegeben hat – so auch im Buchhandel. Viele Buchhandlungen, ob groß oder klein, setzten in der Pandemie verstärkt auf Online-Dienstleistungen aller Art. Die Onlineshops boomten und erfreuten sich, besonders im Lockdown, großer Beliebtheit. Mithilfe von White-Label-Shops konnten auch kleinere unabhängige Buchhandlungen ihre Produkte ohne große Hürden online vertreiben. Statt bei Amazon zu bestellen, unterstützten viele Kund*innen die lokalen Buchhandlungen.

Auch die sozialen Kanäle wurden ausgebaut und in großem Rahmen genutzt, um mit den Kund*innen in Kontakt zu treten. Buchbesprechungen und Lesungen mit bekannten Autoren wurden via Livestream übertragen und virtuelle Bücherclubs ins Leben gerufen. Facebook und Instagram wurden mit vielfältigen Buchempfehlungen bestückt und persönliche Empfehlungen per Newsletter oder im persönlichen Chat nach sorgfältiger Analyse der Lesegewohnheiten an die Kunden übersendet. Trotz Kontaktbeschränkungen konnten die Buchhändler*innen auf diesem Weg ihre individuelle Beratungsfähigkeit aufrechterhalten.

Kreativität in der Zustellung

Besonders viel Erfindergeist bewiesen deutsche Buchhandlungen auch in der Wahl der Zustellungswege. Die zahlreichen Bestellungen über den Onlineshop sollten schließlich ihren Weg zum Kundenkreis finden. Statt dem traditionellen (und teuren) Postversand, wählten viele Buchhändler*innen lieber den persönlichen und vertrauten Weg. Literarische Wünsche wurden höchstpersönlich, aber mit erforderlichem Mindestabstand, ausgeliefert, ob zu Fuß, per Fahrrad oder bei längeren Distanzen mit dem Auto. Um kostengünstigere und umfassendere Angebote machen zu können, gründeten einige lokale Buchhandlungen einzelner Städte und lokale Unternehmen anderer Branchen einen gemeinsamen lokalen Lieferservice. Bücher, Lebensmittel und Kleidung konnten bei Bedarf gemeinsam in einem Bestellvorgang gekauft werden.

Stationäre und mobile Abholstationen erwiesen sich als interessante und sichere Alternative zum regulären Ladengeschäft. Mittels Straßenverkaufs konnten die Kund*innen auf diesem Weg ihre Bestellungen aufgeben und abholen. Der Kreativität waren hier keine Grenzen gesetzt. Container, Weihnachtsmarktstände und sogar Autos wurden kurzerhand zum stationären oder mobilen Bücherkiosk gewandelt, versorgten ganze Städte mit Büchern und stifteten somit viel Freude in trüben Tagen.

Ein Gespür für neue Kundenwünsche

Die Wünsche der Kund*innen verändern sich, insbesondere unter den Bedingungen der Pandemie. Erfolgreich bleibt, wer die Wünsche erspürt, flexibel und spontan darauf reagiert sowie mit dem Kundenkreis kommuniziert. Aus diesem Grund nutzen viele Buchhandlungen neue Vertriebs- und Kommunikationswege. Während des ersten Lockdowns initiierte eine unabhängige Buchhandlung aus Ulm beispielsweise eine Literaturshow bei einem lokalen Radiosender. Eine Buchhändlerin aus Teterow hängte eine Wäscheleine vor ihren Buchladen und bestückte sie mit vielen Leseproben, die man bei Interesse mit nach Hause nehmen durfte.

Ideen muss man haben, um der Krise zu trotzen. Viele Buchhändler*innen bewiesen und beweisen noch heute eine hohe Stressresistenz und Ideenvielfalt im Umgang mit den Maßnahmen. Es gilt zu hoffen, dass auch persönliche Veranstaltungen bald wieder stattfinden können und das uneingeschränkte Stöbern in den liebsten Buchhandlungen wieder möglich ist.

Autorin: Lisa Hauschild
Bildquelle: Unsplash

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