Über Nachhaltigkeit in der Buchbranche
Als ich vor einigen Tagen bei meinem wöchentlichen Besuch meiner Lieblings-Buchhandlung das Bestseller-Regal durchstöberte, fiel mir „Ada“ von Christian Berkel in die Hände. Ein Hardcover mit Schutzumschlag, verlegt von ullstein. Statt der dünnen Plastikfolie, die normalerweise ein druckfrisches Buch umschließt, prangte ein schwarzer Aufkleber am rechten Rand des Buchdeckels, der wie eine Lasche über den Buchschnitt gespannt war, sodass sich das Druckwerk nicht aufschlagen ließ. Auf ihm der Slogan „Jetzt ohne Plastikfolie“.
Nachhaltigkeit ist ein Thema, das bereits in vielen Bereichen unseres Alltags angekommen ist. Wir fahren jetzt wieder mehr Fahrrad statt SUV, schlürfen unsere Limo durch Metallstrohhalme und überdenken einmal mehr unseren Fleischkonsum. Nachhaltigkeit ist ein großer Bestandteil unseres Lebens geworden, weshalb auch der Buchbranche nichts anderes übrigbleibt, als sich anzupassen. Doch wo liegen die Probleme? Was kann in Bezug auf Produktion und Distribution verbessert werden? Was wird schon gut umgesetzt? Und was dürfen wir von Verlagen erwarten?
Ganz schön öko
Das wohl offensichtlichste „Problem“ an druckfrischen Büchern sind die Plastikfolien, in die sie eingeschweißt werden, um sie beim Transport vor Schäden zu schützen. Viele Verlage setzen hier schon fleißig auf besagte Aufkleber und sparen somit die Folie, die nicht recycelt werden kann. Ein weitaus größeres Problem stellt jedoch die Papierproduktion dar. Denn diese benötigt deutlich mehr Energie und Wasser in der Herstellung als beispielsweise Plastik. Ganze 72 Prozent der CO2-Freisetzung in der Buchherstellung gehen auf die Papierproduktion zurück. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von ca. 167 000 Tonnen jährlich allein in Deutschland. Für diesen Faktor müssen also Alternativen gefunden werden, um die Klimabilanz von gedruckten Büchern zu verbessern.
Natürlich könnte man auf klassische Papier-Alternativen wie Gras- oder Apfelpapier umstellen, solche Materialien haben sich jedoch noch nicht wirklich durchgesetzt. Eine Methode, die schon von Verlagsgruppen wie Random House angewandt wird, ist Cradle to Cradle. Dieser Prozess, der wörtlich übersetzt „von Wiege zu Wiege“ bedeutet, ist der aktuell höchste Standard für Öko-Effektivität. Mit dieser Methode können Produkte am Ende ihres Lebenszyklus wieder vollständig in biologische oder technische Kreisläufe zurückfließen. Außerdem werden die Inhaltsstoffe der Druckprodukte auf Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit geprüft und sind für Recycling oder Kompostierung geeignet.
Das Gleichgewicht wiederfinden
Natürlich gibt es noch unendlich viele weitere Ansatzpunkte für Nachhaltigkeit, bspw. die Umstellung auf Altpapier, der Einsatz veganer Leime und Pflanzenfarbe sowie die Umstellung auf Druckstandorte in Deutschland oder Nachbarländern, um kurze Transportwege zu garantieren. Für Verlage ist es häufig schwer, einen passenden Einstieg in mögliche Alternativen zu finden, denn die Umstellung auf eine nachhaltige Produktion ist nicht nur sehr komplex, sondern auch preisintensiv. Gleichzeitig müssen Verlage darauf achten, die Qualität und Ausstattung ihrer Produkte beizubehalten und steigende Kosten sowie Ladenpreise mit einzukalkulieren.
Ein weiterer Ansatzpunkt für Nachhaltigkeit sind Siegel. Der Blaue Engel zeichnet umweltfreundliche Druckerzeugnisse aus und das FSC-Siegel steht für Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Außerdem setzen schon jetzt viele Verlage auf FSC-zertifiziertes Recyclingpapier. So wird es auch den Verbraucher*innen leicht gemacht, auf nachhaltigen Konsum zu achten.
Nachhaltigkeit ist ein unfassbar komplexes, vielfältiges, wichtiges und aktuelles Thema. In unserem Alltag verändern sich die Dinge zum Positiven. Und die Buchbranche ist definitiv auch auf dem richtigen Weg.
Autorin: Nikola Kraa
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