Bollerwagen voller Bier, laute Musik und Grillwürstchen: Es ist wieder Männertag. Einige freuen sich schon das ganze Jahr darauf, andere könnten sehr wohl darauf verzichten.
Doch was genau feiert Man(-n) am Männertag eigentlich?
Ursprünglich hielt der Männertag – oder auch Herrentag – als Vatertag, also als Pendant zum Muttertag, gegen Ende des 19. Jahrhunderts Einzug in Deutschland. Im Laufe der Zeit wurde aus dem Vatertag zugleich auch der Männertag. Lange Zeit wurde dieser von Vätern oft als Gelegenheit genutzt, männliche Jugendliche gewissermaßen in die Welt der Männer aufzunehmen und eigene Bräuche und Eigenarten weiterzugeben. Die eigentliche Bedeutung ist heute meist nur noch Nebensache. Anstelle von Vater-Sohn-Abenteuern stehen oft Wanderungen mit Freund:innen, Grillen und viel Alkohol auf dem Plan.
Kernpunkt ist heutzutage also das Feiern und Trinken mit Freund:innen. An sich nichts Falsches oder? Leider ist es nicht ganz so einfach. Während ihn die einen feiern, würden die anderen am liebsten den ganzen Tag im Haus bleiben: Oft führt das Saufgelage zu einem übergriffigen und schlicht inakzeptablen Verhalten der feiernden Männer gegenüber Frauen.
„Der Alkohol ist schuld“
Viele Männer nutzen den Männertag als Entschuldigung, um sich absichtlich daneben zu benehmen und vor allem Frauen zu belästigen. Dumme Anmachen, Catcalling und Pfeifen müssen diese ohnehin schon regelmäßig ertragen, der Männertag dient aber vielen Männern als “Freifahrtschein” für ihr übergriffiges Verhalten. Frei nach dem Motto: “Der Alkohol ist schuld”. Noch dazu sind Männer meist den Frauen gegenüber in der Überzahl, da sie oft in größeren Gruppen unterwegs sind, in denen ein solches Verhalten nicht nur nicht kritisiert, sondern geradezu begünstigt wird. Sich zu rechtfertigen – oder gar zu entschuldigen – kommt den meisten aber ohnehin nicht in den Sinn. “Es sind ja bloß ein paar dumme Sprüche”.
Wenn der ursprüngliche Sinn des Männer- beziehungsweise Vatertages so in Vergessenheit geraten ist – Männer sich nur noch dafür feiern Männer zu sein und ein großer Teil der Bevölkerung diesem Feiertag mit Unbehagen entgegenblickt – ist es dann nicht Zeit, unsere Traditionen und unsere Einstellung gegenüber diesem Tag noch einmal zu überdenken?
Als Männer müssen wir uns unbequeme Fragen stellen: Feiern wir so etwas wirklich? Ist ein solches Verhalten Anlass für einen Feiertag? Sollten Feiertage wie der Muttertag und der Frauen(kampf)tag nicht noch viel bedeutsamer sein? Und welchen Teil trägt man(n) selbst zu den gegenwärtigen Zuständen bei? Was bedeutet meine Apathie gegenüber solchem Fehlverhalten?
Vielleicht sollte der Männertag kein Feiertag für Männer sein, die sich feiern Männer zu sein, sondern ein Tag für Männer, um ihre Stellung in der Gesellschaft zu reflektieren. Und ein Tag für Frauen, an dem sie sich sicher fühlen können.
Autor und Bild: Felix Schneider