Die Kunst des Redens – Mundart

Ein kleiner Einblick in die Entwicklung der Dialekte

Kann man erkennen, woher du kommst, wenn man dir nur aufmerksam genug zuhört? An der Art, wie du Endungen verschluckst? Das „R“ rollst oder andere Konsonanten und Vokale benutzt, als die Hochsprache vorsieht? Dialekte sind am Leben und werden das auch noch eine Weile bleiben. Wie ein Stückchen Heimat, das man überall mit sich nimmt. Oder wie Johann Wolfgang von Goethe 1811 gesagt hat: „Jede Provinz liebt ihren Dialect: denn er ist doch eigentlich das Element, in welchem die Seele ihren Athem schöpft.“

Kalt und Warm

Macht man sich über Dialekte Gedanken, dann wird früher oder später auch die Hochsprache ein Thema werden. In Deutschland wird das Hochdeutsch mit Seriosität verbunden, die gerade in geschäftlichen Angelegenheiten gewünscht wird. Dabei schafft sie aber auch eine gewisse Distanz und somit Kühle. Dialekt hingegen wird mit Wärme, Nähe und Vertrauen assoziiert. Besonders, wenn der Gegenüber im gleichen Dialektraum aufgewachsen ist.

Die Tatsache, dass Hochsprachen eine gewisse Künstlichkeit ausstrahlen, ist leicht zu erklären: Weil sie genau das sind. Ein Kunstprodukt. Sie entstanden durch die formende Hand Einzelner, um dem Nachteil von Dialekten entgegenzuwirken. Der begrenzten Reichweite. Vor allem in der Schrift sehr nützlich, die große Entfernungen überbrücken muss. Dabei wird die Künstlichkeit einfach in Kauf genommen. Dialekte entstehen genau gegenteilig. Hier geht es vor allem um die gesprochene Sprache, welche bei zu großen Flächen nicht gleich bleibt. Denn wo Menschen kommunizieren, kommt es zu Veränderung.

Ursprung der deutschen Dialekte

Das Deutsche ist eine germanische Sprache. Wenn man nun aber die Germanen sagt, meint man eigentlich viele verschiedene Völker. Die Friesen, Sachsen, Franken, Hessen (Chatten), Thüringer und Alemannen (Alamannen). Auf diesen Stämmen beruhen unsere Dialekte, auch wenn man von den Namen nicht direkt auf das passende Bundesland schließen kann.

Jacob Grimm schaffte Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Werk „Deutsche Grammatik“ eine Grundlage für die Gliederung der Dialekte. Laut seiner Forschung teilt sich das Deutsche in Hoch- und Niederdeutsch, also einmal mit und einmal ohne Lautverschiebung*. Das Hochdeutsch war früher jedoch nur der Ausdruck für das im landschaftlich „hohen“ Süden Gesprochene.

Das ist auch die Erklärung dafür, warum im Norden – beim Niederdeutschen – heute hauptsächlich die „Hochsprache“ verwendet wird. Ohne die Lautverschiebung ist der Unterschied zum Hochdeutschen so groß, dass man das Niederdeutsche ins Private verbannte. Das wiederum hatte zur Folge, dass das Hochdeutsche einfach niederdeutsch ausgesprochen wurde. Im Süden hatte man es damit also nicht so schwer, da die gewählte Hochsprache nahe an den dort kursierenden Dialekten lag. Der „Mix“, bei dem Beides kombiniert wurde, war leicht zu vollführen und hielt eine eigene Sprechweise am Leben, welche heute in der Umgangssprache wieder zu finden ist.

Dialekte entwickeln sich ständig weiter, gerade in Zeiten der Globalisierung. Neben den „alten“ Dialekten, mit landschaftstypischen lautlichen Besonderheiten, gibt es die neuen Regional- und Stadtsprachen. Hier leben die Dialekte zwar deutlich abgeflacht weiter, aber mit neuem, farbenreichem Wortschatz, der seinen ganz eigenen Charme hat.

Autorin: Senta Keller
Bildquelle: unsplash

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe unseres Magazins, hier kannst du noch mehr lesen.

Die Inspiration für diesen Artikel stammt aus dem Buch „Alles außer Hochdeutsch – Ein Streifzug durch unsere Dialekte“ von Karl-Heinz Göttert. Wer sich tiefergehend für das Thema interessiert, sollte es sich unbedingt anschauen!
*Zum Verständnis der - zweiten - Lautverschiebung hier ein paar Beispiele: p wurde zu pf /f (Appel zu Apfel), t zu s/ss/tz/z (wat zu was), und k zu ch (maken zu machen)
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